Tagesfahrt nach Leipzig

Im Frühjahr wurde aus den Reihen unserer Senioren, die zu einer Kaffeetafel geladen waren, der Wunsch nach einer Tagesfahrt geäußert. Helga Prosi leistete die Vorarbeit und nahm die ersten Nennungen der m ö glichen Teilnehmer entgegen. Lothar Quaas hatte dann in seiner bewährten Art, mit seiner Gründlichkeit und Erfahrung diese Fahrt organisiert.

An einem trüben Herbsttag starteten wir diese Seniorenreise nach Leipzig. Nach zweieinhalb Stunden Fahrt erreichten wir unser erstes Ziel. Das von Asisi geschaffene, weltgrößte Panorama, mit dem die Völkerschlacht im Leipziger Westen vor 200 Jahren dargestellt war. In einem ausgedienten Gasometer, über 40 Meter hoch, in dem einmal mehr als 56.000 Kubikmeter Gas für die Stadt vorgehalten wurden, ist der letzte Tag der Schlacht, 19. Oktober 1813, beeindruckend dargestellt.

 
In einem Filmvortrag zeigte man uns wie in mühsamer fünfjähriger Kleinarbeit die Aufnahmen für das Panorama entstanden. Eine künstlerisch verdichtete Momentaufnahme der Stadt, wie sie am Tage nach der Schlacht wahrscheinlich gewesen sein könnte. Napoleon hatte eine empfindliche Niederlage hinnehmen müssen und mußte aus Zentraleuropa abziehen. Der Krieg war zu Ende und der Unsinn und das Leid waren zurück geblieben. Asisi ging es darum darzustellen, wie die Stadt und ihre Bewohner in der damaligen Zeit, wie einfache Menschen mit dem über sie hereinbrechenden Krieg umgegangen sind. Man sieht vom Dach der Thomaskirche eine noch fast intakte Stadt, umkreist von brennenden Dörfern und den Menschenmassen, Einwohnern, Zuflucht suchende, andere die den Ort wieder schnell zu verlassen suchen, Soldaten ohne Formationen und viele Verwundete in den engen Gassen.
 
Auch auf dem Thomaskirchhof drängen sich flüchtende Soldaten und Zivilisten. Verwundete werden zwischen Gefallenen notdürftig versorgt. Asisi hat mit seinem Werk kein Schlachtenpanorama sondern ein Panorama gegen den Krieg schaffen wollen, wie er selbst sagte. Ein beeindruckendes Werk, das seine Wirkung nicht verfehlt hat.
Ein kurzer Fotostopp vor dem Mittagessen am Völkerschlachtdenkmal durfte nat ü rlich nicht fehlen. Dieses Denkmal wurde von 1898 bis 1913 dank eines großen bürgerlichen Engagements erbaut. Fast 100 Jahre haben jedoch am Denkmal ihre Spuren hinterlassen. Es mu ß aufwendig und kostspielig restauriert werden, damit es wieder im neuen alten Glanz erstrahlen kann.
Die Bewirtung im Gasthaus & Gosebrauerei am Bayrischen Bahnhof muß zu aller Zufriedenheit gewesen sein, denn Klagen wurden nicht laut. Das Gasthaus, einmal zum Bahnhof der sächsisch-bayrischen Staatsbahn gehörend, war wieder im alten Stil hergerichtet. Die Bahnlinie selbst existiert nicht mehr.
Gestärkt fand dann am Nachmittag eine kurze aber sehr informative Führung in der Leipziger Altstadt statt. Viele stadtarchitektonische Besonderheiten aus der Handelsmetropole um 1800 waren noch vorhanden, wenn auch neuzeitlich ver ä ndert. So sind die Handelshöfe von damals heute zu wunderschönen Einkaufsgalerien umgebaut. Davon hat Leipzig eine stattliche Zahl. Hier seinen stellvertretend der Reichshof und Speck's Hof zu nennen. Von allen ist die Mädler Passage noch zu erwähnen. In dieser befindet sich der bekannte Auerbach Keller, den Goethe sehr zu schätzen wußte. Hat er doch hier viele Anregungen für seinen Faust erhalten. Daran erinnern zwei Plastiken vor dem Eingang zum Lokal.
Die Spuren durch Krieg und sozialistische Vernachlässigung sind weitestgehend beseitigt. Leipzig präsentiert sich hier von einer reizvollen Seite. Der mit Handel gegründete Reichtum vor einigen hundert Jahren läßt sich erahnen. Heute ist mit viel Fleiß, ab auch mit beachtlichen Mitteln von privater, wie auch staatlicher Seite der Versuch gemacht worden, die alte Pracht wieder herzustellen. Ein neuerlicher Besuch ist zu empfehlen.

Nach der Stadtführung wurde noch die Thomaskirche, in der J. S. Bach viele Jahre als Kantor wirkte und der Thomanerchor zu Hause ist, besucht. In jüngster Zeit hat diese Kirche noch eine weitere geschichtliche Bedeutung erlangt. Von hier ging die Volksbewegung aus, die im November 1989 zum Fall der Mauer führte. Hier spannte sich der Bogen des Tagesausfluges zur anderen Seite. Krieg ist nicht das Mittel aller Dinge um etwas zu verändern. Diese Volksbewegung auf Deutschem Boden hat gezeigt, daß man auch friedlich, aber beharrlich für seine Ziele eintreten kann. Ein einmaliges Ereignis in unserer Geschichte.

Nach einer kurzen Kaffeepause ging es wieder heimwärts und damit ein schöner Tag zu Ende. Wohlbehalten landeten wir um 18.30 vor dem Vereinshaus.

Ursel Kahmann, Dieter Rentz (2. Vors.)